Als Bonsaianer ist man ja ständig mit wachsamen Auge in seinem Bonsai-Garten unterwegs und versucht irgendwelche Abnormalitäten oder Ungeziefer möglichst frühzeitig zu erkennen. Vieles kennt man schon und weiß genau, wie man damit umgehen muss. Aber es gibt auch immer mal wieder neue oder weniger vorkommende Themen, mit denen man sich beschäftigen muss. Eines dieser Themen dieses Jahr ist der Weißdorn-Gitterrost, der uns bisher noch nicht über den Weg gelaufen ist. Nachdem wir ein paar weitere Bonsaianer danach gefragt hatten, wurde uns bewusst, dass dieses Thema eher zu den seltenen Themen gehört. Daher möchten wir unsere Erkenntnisse hier für andere Bonsaianer ebenfalls zugänglich machen.
Seit einigen Wochen ist an vielen Weißdornen hier in der Region eine Erkrankung an den Blättern, Blattstielen, Ästen und Früchten wahrzunehmen, welche in dieser Form und Intensität so nicht jedes Jahr beobachtet werden kann. Auch wir waren uns zunächst unsicher, um was es sich handelt. Wir wollten uns dazu Rat einholen und wen fragt man dazu besser, als den Weißdorn-Papst Europas Tony Tickle. Also schnell ne Mail geschrieben und Fotos zur Dokumentation angehangen. Seine Antwort war recht kurz: Auch er habe so etwas noch nie bei sich gesehen. Ein paar Wochen später postete er auf Facebook ebenfalls Bilder mit befallenen Weißdornblättern.
Wir haben uns dann an Werner Busch und Uwe Krötenheerdt gewendet und um deren Hilfe gebeten und wurden von ihnen auf die richtige Spur geschickt:
Bei der Erkrankung handelt es sich um den Weißdorn-Gitterrost (Gymnosporangium clavariiforme). Mit dem Wissen haben wir uns dann auch in der Umgebung näher umgeschaut und haben festgestellt, dass extrem viele Weißdorne davon betroffen sind. Ob es die frei wachsenden Bäume oder die Hecke beim Nachbar ist, so ziemlich alle Weißdorne sind – zumindest in unserer Region – davon befallen.
Was ist es genau und wie macht es sich bemerkbar?
Der Weißdorn-Gitterrost gehört wie der bekanntere Birnengitterrost zu den Rostpilzen, von denen es unheimlich viele Arten gibt. Diese Pilze sind Parasiten, die je nach Art unterschiedliche Wirte befallen und diese durch den Befall und den Entzug von Nährstoffen schädigen.
Der Weißdorn-Gitterrost durchläuft einen ständigen Wirtswechsel zwischen Wacholdern und Weißdorn. Er überwintert in einigen Wacholderarten und gibt von da im Frühjahr Sporen ab, die sich über Wind oder Insekten verbreiten und Weißdorne (meist von den Blättern aus) infizieren.
An Wacholdern macht sich der Pilz durch spindelförmige Verdickungen an den Ästen und im Frühjahr durch den Austritt von bräunlichen Sporen bemerkbar. Diese wandeln sich bei feuchter Witterung zu orangen gummiartigen Fruchtkörpern.
An Weißdornen ist der Befall zuerst an gelb-rötlichen Flecken und kleinen warzenähnlichen Gebilde zu erkennen, die Verdickungen bzw. Fruchtkörper bis ca. 1 cm Durchmesser ausbilden. (siehe Bilder)
Die Pilze können in Wacholdern längere Zeit eingelagert sein und zu unterschiedlichen Zeiten ausbrechen – meist ist der Erstaustritt des Pilzes erst ab dem zweiten Jahr zu beobachten. Ein einmal infizierter Wacholder bleibt meist dauerhaft infiziert. Weißdorne hingegen werden jedes Jahr neu infiziert.
Auswirkungen?
Durch den Pilzbefall wird – je nach Intensität des Befalls – die Pflanzen mehr oder weniger geschwächt und im Wachstum eingeschränkt. Die befallenen Triebe, Äste und Blätter sollten sowohl an Wacholder- als auch an Weißdorn-Bonsais konsequent abgeschnitten und der befallene Baum sehr genau beobachtet werden. Dies gilt für Wacholder genauso wie für Weißdorne. Bei starkem Befall ist der Totalverlust eines Baumes möglich – dies gilt vor allem für Jungpflanzen.
Behandlung und Vorsorge?
Für Weißdorne gibt es im Hobby-Bereich inzwischen einige zugelassene Fungizide, die man ab dem Frühjahr und bereits präventiv ab Blattaustrieb einsetzen kann, um eine Infektion zu vermeiden oder einzuschränken. Einen 100%-Schutz gibt es unserer Meinung nach aber nicht – außer eine konsequente Trennung der Arten. Da eine Trennung (Pilzsporen können mit dem Wind mehrere 100 m überwinden) für Bonsaianer meist nur schwer umzusetzen ist, muss man eine bestmögliche Vorsorge durchführen. Die Sinnhaftigkeit und der Einsatz von Fungiziden ist aber durchaus umstritten, dies sollte am Ende jeder für sich selber ausprobieren und entscheiden.
In einigen Quellen wird zudem eine gute Gesundheit der Pflanze und verschiedene Stärkungsmittel empfohlen, da dies eine Ausbreitung der Krankheit angeblich einschränken kann. Gut bekämpfen lässt es sich ebenfalls durch sehr genaues Beobachten und konsequentes Wegschneiden – was im Zweifel dann leider an den bereits weit entwickelten Bonsais für Rückschritte sorgen kann.
Wacholder können aus unserer Sicht so gut wie gar nicht gegen Rostpilze behandelt werden. Diese Pilze entwickeln sich meist tiefer im Holz. Ein Rückschnitt ist zwar konsequent, vernichtet aber meist auf Dauer den Wacholder selber. Daher muss man auch hier sehr genau beobachten. Einige Bonsaianer spritzen präventiv mit Fungiziden auf Kupferbasis. Wir haben da allerdings noch keine Erfahrung gesammelt und können dazu leider keine weitere Auskunft geben.
Wichtig ist aber vor allem, dass im Anschluss an eventuelle Schnitt-Arbeiten für die Entfernung von infizierten Ästen etc., eine ordentliche Reinigung der Werkzeuge durchgeführt wird, da sich Pilzsporen sonst über die weitere Nutzung verbreiten können.
Wissenswert
Nicht jede Wacholdersorte ist gleichermaßen anfällig für diesen Rostpilz. Bspw. sind verschiedenen Chinensis-Arten oder auch Communis-Arten nicht oder nur gering anfällig für diese Rostpilze. Hier lohnt es sich beim Kauf bzw. auch bei der Pflege genauer hinzuschauen.
Keine Gewähr
Wir haben diese Informationen in den letzten Wochen zusammengetragen und haben es hier für andere interessierte Bonsaianer aufbereitet. Wir übernehmen aber keine Garantie, dass alles hier zu 100% korrekt ist. Falls jemand eine andere Meinung oder andere Erfahrungen gemacht hat oder aber auch weitere Tipps hat, freuen wir uns über (sinnvolle) Kommentare und Ergänzungen.